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Blitzableiter: sicher bei jedem Gewitter







Benjamin Müller ist in einer Sitzung, als das Handy klingelt. Seine Frau sagt den Satz, der alles verändert: «Das Haus brennt.» Minuten zuvor hat ein Sommergewitter das Zweifamilienhaus in Uetendorf getroffen. Ein Blitz trifft den Dachfirst – und das Dach steht sofort in Flammen. Für die Familie beginnt der Ausnahmezustand.



TEXT: etextera





Der Blitz schlägt ein

Wenn jede Sekunde zählt

  • Bild: Fritz Hänni





Es ist der 31. Juli 2024, ein heisser Sommertag in Uetendorf. Martina Müller sitzt mit ihren beiden Kindern und den beiden Mieterinnen beim Zmittag. Weil es im Garten zu heiss ist, essen alle im Haus: gefüllte Tomaten mit Thon und Reis. Der älteste Sohn ist im Trainingslager. Am Nachmittag baden die Kinder im Gartenpool – bis sich der Himmel plötzlich verdunkelt. Alle gehen ins Haus. Innerhalb weniger Minuten ziehen schwarze Wolken auf, Wind fegt durchs Quartier.

Martina Müller räumt gerade im Keller auf, als es kracht. «Der erste Knall war schon laut», sagt sie, «aber der zweite tönte wie eine Explosion, als ob der Elektrokasten explodiert wäre.» Danach ist alles schwarz. Sie rennt die Treppe hoch zu den Kindern. Über ihr knistert und zischt es. Sie zieht die Estrichluke auf – Rauch quillt ihr entgegen, dahinter lodern Flammen.



Ich habe einfach funktioniert. Erst später habe ich realisiert, was überhaupt passiert ist.

Martina Müller, Hauseigentümerin

  • Bild: Ruben Ung





Sofort ist klar: Alle müssen raus. Martina Müller bringt die Kinder und die beiden älteren Mieterinnen aus dem oberen Stock nach draussen, Nachbar:innen eilen zu Hilfe. Sie schnappt das Wichtigste: Laptops, Handys, Schlüssel und Wertgegenstände. Dann denkt sie an das Auto in der Garage. Doch das elektrische Tor bewegt sich nicht – der Strom ist ausgefallen. Nachbarn stemmen es von Hand auf und fahren den Wagen hinaus.

Mehrere Nachbar:innen sehen den Blitzeinschlag und rufen die Feuerwehr: «Es sah aus wie ein Feuerstrahl vom Himmel», erinnern sie sich. Augenblicke später brennen Dach und Estrich.

Zur gleichen Zeit steckt Benjamin Müller im Stau. Mehr als eine Stunde dauert es, bis er nach Hause kommt. Zu diesem Zeitpunkt kämpft die Feuerwehr schon gegen die Flammen.

Als ich ankam, war das Dach zerstört – meine Familie aber in Sicherheit. Ich bin meiner Frau sehr dankbar, dass sie alles allein gemeistert hat.

Benjamin Müller, Hauseigentümer

  • Bild: Ruben Ung
7 Stunden im Einsatz

Die Feuerwehr sichert das Haus

  • Bild: Pompiers d'Uetendorf





Kurz nach 16 Uhr trifft die Feuerwehr mit 64 Einsatzkräften bei prasselndem Regen ein. Da die Zufahrt zum Haus eng ist, müssen sie einen Gartenzaun aufschneiden, um mit den Fahrzeugen näher zu kommen.

Derweil breitet sich der Brand aus. Das Feuer findet reichlich Nahrung: Unter den Dachziegeln liegt nur ein dünnes Holzunterdach, darunter ein voller Estrich – mit viel brennbarem Material.

Die offenen Flammen sind zwar schnell unter Kontrolle, Entwarnung gibt es aber nicht. Im Dachstuhl glimmen Schwelbrände. Stück für Stück räumt die Feuerwehr verkohltes Holz aus dem Haus, damit kein Glutnest unentdeckt bleibt.





Bild: Feuerwehr Uetendorf Nach dem Brand kontrollieren die Feuerwehrleute das ausgebrannte Dach.





Abends beginnen die Einsatzkräfte, das Löschwasser aus den Räumen zu pumpen. Erst vor Mitternacht rücken sie ab, eine Nachtwache bleibt zurück.

Auch in der Nacht regnet es stark. Durch das offene Dach dringt Wasser. Es durchnässt Wände, Decken und Böden – und macht das Haus unbewohnbar.

«Wir waren plötzlich im Ausnahmezustand», sagt Benjamin Müller. «In diesem Moment zählte nur, dass wir zusammenhalten.»





Bild: Martina Müller Am Tag nach dem Brand, am 1. August, verlegt ein Dachdecker ein Notdach und sichert das Haus provisorisch.

Bild: Martina Müller Im oberen Stock haben zwei ältere Frauen gewohnt. Ihre Wohnung ist zerstört.

Bild: Martina Müller Glück im Unglück: Die beiden Mieterinnen hatten schon alle persönlichen Gegenstände in ihre neue Wohnung in einer Seniorenresidenz gezügelt.



Die fünfköpfige Familie übernachtet zunächst bei Verwandten. Nach wenigen Tagen gibt es einen Lichtblick: Dank der Gemeinde und eines wohlwollenden Vermieters dürfen die Müllers in ein leerstehendes Haus ganz in der Nähe zügeln– und dort so lange bleiben, wie es nötig ist.

Nach der Erleichterung tauchen sofort neue Fragen auf: Wer übernimmt die Kosten für den Schaden? Welche Versicherung ist zuständig – und wofür genau? «Wir waren plötzlich die Drehscheibe zwischen Versicherungen, Architekt und Bauunternehmen – zu einem Zeitpunkt, in dem wir einen Teil unserer Existenz verloren hatten», erinnert sich Benjamin Müller. «Sämtliche finanziellen Fragen liefen über uns.» Die Familie hätte sich eine übergeordnete Ansprechperson gewünscht.

Als das Haus endlich gesichert und freigegeben ist, darf die Familie zurück, um das Nötigste zu holen: Kleider, persönliche Erinnerungsstücke, ein paar Alltagsgegenstände. Nachbar:innen bringen spontan leere Kartons zum Packen, Freund:innen helfen beim Tragen. Im ganzen Dorf erleben die Müllers grosse Solidarität. «Diese Hilfsbereitschaft hat uns durch die erste Zeit getragen», sagt Martina Müller.





Bild: Joachim Tschanz







Die Kraft des Blitzes

Blitze faszinieren – und sind brandgefährlich. In Sekundenbruchteilen entstehen extreme Hitze und enorme Stromstärken. Jedes Jahr richten sie Schäden in Millionenhöhe an, auch an Wohngebäuden.





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Grad Celsius kann ein Blitz erreichen – fünfmal heisser als die Sonnenoberfläche.



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Ampere Stromstärke sind möglich – 27.000-mal mehr, als eine Haushaltssteckdose liefert.



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Blitze werden pro Jahr in der Schweiz registriert.



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aller Feuerschäden an Gebäuden im Kanton Bern entstehen durch direkte und indirekte Blitzeinschläge.











Urs Kallen im Interview

«Der beste Zeitpunkt ist jetzt.»

  • Bild: Adrian Moser





Urs Kallen ist Fachspezialist Brandschutz bei der GVB und war viele Jahre Einsatzleiter in der Feuerwehr. Er hat erlebt, wie Häuser brannten, weil der Blitz dort eingeschlagen hatte, wo es niemand erwartet hätte. Urs Kallen erklärt, wie Sie Ihr Zuhause wirksam schützen, und warnt: «Das Blitzrisiko hat in den letzten Jahren zugenommen.»

Urs Kallen, warum braucht mein Haus einen Blitzableiter?

Weil Blitze völlig unberechenbar sind. Sie schlagen nicht ins höchste Gebäude ein, sondern auch mitten in Wohnquartiere. Ein Einschlag reicht, um ein Dach in Brand zu setzen oder die Elektronik im ganzen Haus lahmzulegen. Ein Blitzableiter leitet die enorme Energie kontrolliert und sicher ab.

Ist ein modernes Haus automatisch geschützt?

Nein. Neubauten brauchen inneren und äusseren Blitzschutz genauso wie ältere Gebäude. Am besten plant man ihn gleich beim Bau ein. Aber auch bestehende Häuser lassen sich jederzeit nachrüsten. Die GVB beteiligt sich an den Kosten, wenn Eigentümer:innen vorsorgen und Blitzschutz installieren lassen.

Wer montiert einen Blitzschutz?

Das ist Präzisionsarbeit, die nur ein Fachbetrieb ausführen kann. Ich sehe immer wieder Installationsfehler, durch die der Blitz via Fang und Ableiter nicht richtig ins Erdreich abgeleitet wird. Deshalb ist es entscheidend, Expert:innen zu beauftragen. Auf feuerstopp.ch finden Sie eine Liste GVB-geprüfter Fachbetriebe, mit denen Sie auf der sicheren Seite sind.

Ihr wichtigster Rat?

Warten Sie nicht, bis etwas passiert. Der beste Zeitpunkt, Ihr Haus zu schützen, ist immer jetzt.







Viele Hausbesitzer:innen denken: Das passiert mir nie. Aber wenn es passiert, ist es zu spät.

Urs Kallen, Fachspezialist Brandschutz bei der GVB









Mythenquiz: Stimmt das wirklich?

Rund um Blitze kursieren viele Mythen. Manche halten sich hartnäckig – und können im Ernstfall gefährlich werden. Testen Sie Ihr Wissen: Was stimmt wirklich, was nicht?















Blitze schlagen nur ins höchste Haus ein.

















Falsch. Blitze schlagen nicht nur ins höchste Haus ein.

















Ein Blitz nimmt den Weg des geringsten Widerstands – es spielt keine Rolle, ob neben dem Haus ein Kran oder ein Baum steht.



















Blitzableiter ziehen Blitze an.

























Falsch. Blitzableiter ziehen keine Blitze an.







Blitzableiter leiten Blitze geordnet in den Boden ab.











Im Auto ist man sicher.

















Richtig. Die Metallkarosserie bildet einen faraday’schen Käfig. Die Reifen isolieren zudem vom Boden.







Blitzschutzsystem

So funktionieren äusserer und innerer Blitzschutz

  • Bild: Adrian Moser









Ein Blitzschutzsystem bildet eine sichere Hülle um Ihr Haus. Ein Blitzableiter ist nur ein Teil davon. Erst äusserer und innerer Blitzschutz zusammen machen ein Gebäude wirklich sicher.

























Äusserer Blitzschutz

Fangleitungen auf dem Dach nehmen den Blitz auf.





Über Ableitungen an der Fassade wird die Energie kontrolliert ins Erdreich geleitet – sicher, ausserhalb des Gebäudes. So wird verhindert, dass der Blitz ins Haus einschlägt und Schaden anrichtet.









Innerer Blitzschutz

Ein Kombi-Überspannungsableiter in der Elektroverteilung wirkt wie ein Sicherheitsventil.





Er leitet Überspannungen ab, bevor sie Leitungen und angeschlossene Geräte erreichen.











Selbst ein zwei Kilometer entfernter indirekter Blitzschlag kann für gefährliche Überspannung im Stromnetz sorgen.











So hilft die GVB

In der Schweiz sind Blitzschutzsysteme nur für bestimmte Gebäude vorgeschrieben, etwa für Spitäler, Hotels oder Schulen. Für Einfamilienhäuser ist Blitzschutz freiwillig – aber er lohnt sich.

Viele Eigentümer:innen befürchten, Blitzschutz sei kompliziert oder kostspielig. Dabei ist die Installation einfacher als erwartet – und die GVB übernimmt einen Teil der Kosten. Auch ältere Häuser können problemlos nachgerüstet werden. Ein Blitzableiter schützt, was Ihnen am meisten wert ist.

Die GVB unterstützt Hauseigentümer:innen: ✓ Bis zu 2’500 Franken für ein äusseres Blitzschutzsystem ✓ Zusätzlich: 250 Franken für den inneren Blitzschutz ✓ Liste anerkannter Fachfirmen für eine sichere Installation Jetzt vorsorgen



Neuanfang

Dank Blitzschutz bereit für das nächste Gewitter

  • Bild: Ruben Ung



Acht Monate nach dem Blitzeinschlag kehrt Familie Müller zurück in ihr Haus. Doch fertig ist es noch nicht: Ein Gerüst steht, Handwerker:innen beginnen frühmorgens ihre Arbeit, die obere Wohnung ist noch im Rohbau. «Es war herausfordernd, wieder daheim zu sein und gleichzeitig mitten auf einer Baustelle zu leben», erinnert sich Martina Müller. Trotzdem überwiegt die Erleichterung.

Im Sommer 2025 ist der Wiederaufbau abgeschlossen: Das Haus wirkt hell, modern – und ist sicher. Ein Blitzschutzsystem schützt es nun zuverlässig. Die GVB hat die Familie während der ganzen Zeit begleitet.

Für die Müllers war der Blitzeinschlag Schock und Chance zugleich. «Wir haben von Anfang an versucht, das Positive zu sehen», sagt Martina Müller. «Jede Krise hält auch Geschenke bereit. Wir haben in diesem Jahr viel gelernt – und sind persönlich gewachsen.»

Besonders sichtbar wird das im Estrich. Früher ein Abstellraum, vollgestopft mit Kisten. «Wir hatten schon oft gesagt, dass wir entrümpeln müssten – der Blitz hat uns die Entscheidung abgenommen», erzählt Benjamin Müller. Heute ist der Raum ein lichtdurchfluteter Meditationsort. «Genau dort, wo der Blitz eingeschlagen hat.»





Bild: Ruben Ung Früher ein Estrich – heute ein Meditationsort mit Blick in die Weite



Benjamin Müller ergänzt: «Jetzt sind wir auf Gewitter vorbereitet – und schätzen unser Zuhause mehr denn je.» Nach und nach lädt die Familie die vielen Helfenden von damals zu einem Nachtessen ins neue Zuhause ein – als Dankeschön für all die Unterstützung, die sie erfahren hat.

  • Bild: Ruben Ung



Mehr Schutz für Ihr Zuhause

Ein Blitzableiter schützt Ihr Haus von aussen. Drinnen sorgen diese kleinen Helfer für zusätzlichen Schutz vor Überspannung und Brandgefahr.