Laptop, Smartphone, Zahnbürste, E-Zigarette, Rasierer, Akkuschrauber: Lithium-Ionen-Akkus finden sich mittlerweile in fast jedem Schweizer Haushalt.
Jahre dauert es durchschnittlich, bis Geräte mit
Lithium-Ionen-Akkus in der Sammelstelle landen.
der Haushalte besitzen mittlerweile ein E-Bike.
aller Brände in der Schweiz sind auf elektrische
Ursachen zurückzuführen.
Es ist Sommer, später Abend. Oliver Schwartz bringt seine Kinder ins Bett, als er ein merkwürdiges Zischen hört. «Ich dachte zuerst an Feuerwerk.» Doch als er nach draussen blickt, sieht er Rauch aus der Garage entweichen.
Er rennt hinaus, entdeckt Flammen. Der Akku seines E-Bikes liegt auf einem Holzregal – explodiert. «Die Plastikverkleidung war weggesprengt, es knallte und zischte weiter.» Ein Gartenschlauch liegt zufällig bereit, doch das Wasser reicht nicht aus. Seine Frau ruft die Feuerwehr.
Nachbar:innen eilen herbei, ein Nachbar bringt einen grossen Feuerlöscher. «Erst damit konnten wir die Flammen ersticken.» Die Feuerwehr trifft ein, sichert die Garage. Der Sachschaden bleibt überschaubar – aber Oliver Schwartz weiss: Das hätte schlimmer enden können.
Oliver Schwartz ist Elektroingenieur und lebt mit seiner Familie in Muri bei Bern. Mit dem E-Bike fährt er zum Bahnhof und von dort weiter zur Arbeit.
Ich hatte Glück: Die Garage war freistehend. Wäre sie am Haus angebaut, hätte es anders ausgehen können.
Oliver Schwartz, Hauseigentümer
«Akkus sind sicher», sagt Peter Schär, Mandatsleiter von INOBAT, dem Schweizer Sammelsystem für Batterien und Akkus, «wenn man sie richtig behandelt.»
Bei einem Hausrundgang zeigt er Oliver Schwartz, wo sich in seinem Haushalt mögliche Gefahren verstecken – und wie sie sich vermeiden lassen. In der Garage deutet Oliver Schwartz auf eine Stelle an der Wand. «Hier stand das Holzregal, in dem ich immer den Akku meines E-Bikes geladen habe. Bis er explodiert ist.» Heute lädt er den Akku auf einer Truhe. Gegenüber hängt der akkubetriebene Heckenschneider an der Wand. Solche grossen Akkus bergen besondere Risiken», erklärt Peter Schär. «Wenn sie beschädigt werden oder das eingebaute Sicherheitssystem versagt, können sie unkontrolliert reagieren – im schlimmsten Fall mit einem Brand oder einer Explosion.» Eine sichere Lagerung abseits von anderen möglichen Brandquellen verringert das Risiko erheblich. Dann fällt Peter Schärs Blick auf einen Benzinkanister. «Oft werden Akkus in der Garage gelagert, weil es dort Platz hat oder eine Steckdose frei ist. Das ist grundsätzlich in Ordnung. Aber leicht entzündliche Flüssigkeiten in der Nähe können ein kleines Feuer schnell in einen grossen Brand verwandeln.» Oliver Schwartz zögert kurz, dann greift er nach dem Kanister. «Der stand hier einfach aus Gewohnheit», sagt er und stellt ihn weiter weg.
Im Wohnzimmer bleibt Peter Schär vor einem Sideboard stehen. An einer Ladestation sind mehrere Smartphones, Tablets und kabellose Kopfhörer an eine Mehrfachsteckdose angeschlossen. Daneben hängt ein Vorhang. Er betrachtet die Situation und sagt, so sehe es in vielen Haushalten aus. «Akkus werden oft an Mehrfachsteckdosen angeschlossen – und dann vergessen.» Oliver Schwartz stutzt. «Ich dachte, Ladegeräte schalten automatisch ab, wenn der Akku voll ist.» «Die meisten tun das – aber nicht alle», erklärt Peter Schär. «Ein defektes Ladegerät, Überhitzung oder ein beschädigter Akku können trotzdem einen Brand auslösen. Und wenn dann noch brennbares Material wie ein Vorhang in der Nähe ist, genügt vielleicht schon ein Funke.»
Drei Jahre nach dem Brand sieht Oliver Schwartz Lithium-Ionen-Akkus mit anderen Augen. «Ich dachte, ich wäre heute vorsichtiger – aber es gibt Dinge, an die ich nicht gedacht habe», sagt er nach dem Rundgang mit Peter Schär. Im Gespräch ist ihm klar geworden, wie viele Risiken unbemerkt bleiben – und wie leicht sich manche vermeiden lassen.
In einem durchschnittlichen Haushalt finden sich leicht ein Dutzend Geräte mit Lithium-Ionen-Akkus.
Peter Schär, INOBAT
Rund zehn Millionen alte Handys mit eingebauten Lithium-Ionen-Akkus verstauben in Schweizer Haushalten. Hinzu kommen zahlreiche akkubetriebene Geräte. Doch alte Akkus gehören nicht in die Schublade, sondern zur fachgerechten Entsorgung.
Ein überhitzter, gewölbter oder verformter Akku kann schnell zur Gefahr werden. Deshalb gilt: verdächtige Akkus sicher lagern – am besten in einem feuerfesten Behälter wie einem Blecheimer – und rasch bei einer bedienten Sammelstelle abgeben.
Ganz wichtig: Akkus gehören nicht in den Hausmüll oder ins Altpapier! Sie können Brände auf Entsorgungshöfen verursachen.
Peter Schär, INOBAT
Beim Laden und Entladen von Lithium-Ionen-Akkus bewegen sich Lithium-Ionen zwischen Anode (Minus-Pol) und Kathode (Plus-Pol).
Zu langes oder falsches Laden erhitzt den Akku und kann seine inneren Bestandteile beschädigen.
Ein Schlag oder Sturz kann die Zellstruktur beschädigen, was zu einem Kurzschluss führen kann.
Produktionsfehler oder Verunreinigungen können unentdeckt bleiben – und zu instabilen Reaktionen führen.
Mit der Zeit verändern sich die chemischen Eigenschaften der Zellmaterialien – der Akku wird störanfälliger.
Äussere Hitzeeinwirkung kann den Akku thermisch überlasten und gefährliche Reaktionen auslösen.
70 °C: Erste chemische Reaktionen können auftreten – der Akku wird instabil.
100 °C: Der Separator beginnt zu schmelzen – Anode und Kathode können in Kontakt kommen.
150 °C: Es entstehen entzündliche Gase – der Innendruck steigt stark an.
> 250 °C: Der Akku gerät in den Zustand des Thermal Runaway: Er entzündet sich selbst oder explodiert unkontrolliert.
Ein beschädigter Akku kann zu einem sogenannten Thermal Runaway führen – einer Kettenreaktion, die nicht mehr gestoppt werden kann.
Peter Schär, INOBAT
Sofort vom Strom trennen und an einen sicheren Ort bringen – am besten ins Freie. In einem feuerfesten Behälter lagern, z. B. in einem Blecheimer. Defekte Akkus fachgerecht zu einer bedienten Sammelstelle bringen und dort auf die Beschädigung hinweisen.
Wenn gefahrlos möglich, den Akku mit einer Löschdecke umfassen und ins Freie bringen. Andernfalls können Sie einen ersten Löschversuch mit viel Wasser unternehmen – kleine Feuerlöscher reichen meistens nicht aus. Eigene Sicherheit geht vor – Feuerwehr frühzeitig alarmieren.
Bei brennenden Akkus möglichst sofort die Feuerwehr alarmieren, den Raum verlassen und Fenster sowie Türen schliessen, damit sich die giftigen Gase nicht ausbreiten können. Auch gelöschte Akkus können sich noch Stunden später erneut entzünden.
Der Brand in Oliver Schwartz’ Garage war ein Weckruf. Heute geht er bewusster mit Akkus um – und rät anderen, es ihm gleichzutun. Wer Akkus richtig lädt, lagert und entsorgt, reduziert das Risiko erheblich.